Digitale Justiz

Meilensteine der Digitalisierung der Brandenburger Justiz

Es wir eine Frau gezeigt, die mit verbundenen Augen eine Waage hoch hält. Das Bild ist komplett in grünen Farben gehalten und im Hintergrund sieht man sehr viele kleine Zahlen
©MdJ, OpenAI DALL-E

Seit 2019 konnten maßgebliche Fortschritte bei der Digitalisierung der Brandenburger Justiz erzielt werden:

Aufbau des ZenIT

Der Aufbau des Zentralen IT-Dienstleisters der Justiz (ZenIT) in Potsdam mit vier Campusstandorten in Brandenburg an der Havel, Cottbus, Neuruppin und Frankfurt (Oder), der als zentrale Einrichtung für die Justiz des Landes Brandenburg ca. 75 Behörden bzw. Gerichte, 93 Technikstandorte, 266 Gerichtssäle und ca. 5.500 Anwenderinnen und Anwender betreut, ist abgeschlossen. Die Zahl der Mitarbeitenden konnte von 43 im Dezember 2019 auf 110 im August 2024 und die Zahl der Planstellen von 73 auf 125 erhöht werden. Die Gewinnung von Fachpersonal für den technischen aber auch für den nicht-technischen Bereich wird nach wie vor mit hohem Einsatz betrieben. Ziel ist es, auch die derzeit unbesetzten Stellen kurzfristig dauerhaft zu besetzen.

Flächendeckende Einführung der elektronischen Akte

Ordentliche Gerichtsbarkeit

Im Jahr 2021 wurde in allen Zivilkammern und der Kammer für Handelssachen beim Landgericht Frankfurt (Oder) die elektronische Akte im Regelbetrieb eingeführt. Seit Mai 2022 wird die elektronische Akte in der ordentlichen Gerichtsbarkeit in Zivil-, Betreuungs- und Familiensachen (im Echtbetrieb) geführt. Mittlerweile nutzen alle Landgerichte und das Brandenburgische Oberlandesgericht die elektronischen Akte in Zivil-, Betreuungs- und Familiensachen. Von den 23 Amtsgerichten in Brandenburg arbeiten mittlerweile 22 mit der elektronischen Akte (Ausnahme Amtsgericht Eberswalde) ebenfalls in Zivil-, Betreuungs- und Familiensachen.

Bis Juli 2024 erfolgte im Rahmen einer Pilotierungsphase die Einführung der elektronischen Akte in Ordnungswidrigkeits- und Nachlasssachen an acht Amtsgerichten. Eine Regeleinführung bei den weiteren Amtsgerichten in OWi-Sachen findet ab September 2024 statt. Beim Oberlandesgericht ist eine Nutzung für OWi-Sachen ab November 2024 vorgesehen. Im Bereich der Immobiliarvollstreckung wird seit Februar bzw. März 2024 an insgesamt sechs Amtsgerichten pilotiert. Eine Regeleinführung an vier weiteren Amtsgerichten ist zum November 2024 geplant. Die Nutzung der elektronischen Akte in Insolvenzsachen sowie für die Mobiliarvollstreckung erfolgt sukzessive im Jahr 2025.

Staatsanwaltschaften

Im April 2023 begann die Einführung der E-Akte in Strafsachen mit der Pilotierung der elektronischen Geldstrafenvollstreckung (eGSV) bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin im Rahmen einer ersten Testphase. Im 2. Quartal 2024 wurde die E-Akte im Bereich der eGSV bei der Staatsanwaltschaft Frankfurt (Oder) und der Zweigstelle Eberswalde eingeführt. Bis Ende des Jahres 2024 erfolgt die Einführung bei den Staatsanwaltschaften Cottbus und Potsdam sowie bei der Generalstaatsanwaltschaft. Parallel dazu wurde am 15. Mai 2024 bei der Staatsanwaltschaft Neuruppin der Einsatz der elektronischen Akte pilotweise auf den Bereich der Ordnungswidrigkeitsdelikte ausgedehnt. Ein Regelrollout ist im Zeitraum Oktober bis Dezember 2024 für die weiteren Staatsanwaltschaften vorgesehen. Damit sind entscheidende Vorarbeiten für die Einführung in Strafsachen im Jahr 2025 geleistet worden.

Fachgerichte

Mit der Pilotierung der E-Akte beim Finanzgericht Berlin-Brandenburg am 1. Juni 2024 wurde der Grundstein zur Einführung der E-Akte bei den Fachgerichten gelegt. Bis Oktober 2024 soll das Finanzgericht vollständig mit der E-Akte arbeiten. Ab September 2024 soll die E-Akte in der Verwaltungsgerichtsbarkeit, beginnend mit dem VG Potsdam, eingeführt werden. Parallel dazu werden die technischen Voraussetzungen für die Einführung der E-Akte auch in der Arbeits- und Sozialgerichtsbarkeit geschaffen.

Innovative Sitzungssaalausstattung und WLAN in den Gerichten

Als weiteres Digitalisierungsprojekt erfolgt die Ausstattung der Sitzungssäle in den Gerichten mit moderner Medientechnik (u. a. feste Videokonferenzanlage, Konferenzkameras, ein Großformatdisplay sowie ein Touchpanel zur zentralen Steuerung), welche die mittlerweile flächendeckend an jedem Gerichtsstandort vorhandenen mobilen Videokonferenzanlagen ablösen oder ergänzen soll.

Als erstes Gericht ist das Landgericht Neuruppin im Frühjahr 2022 mit einer vollintegrierten Sitzungssaaltechnik ausgestattet worden. Seit April 2023 sind zudem sieben Sitzungssäle für Zivilverfahren zunächst im Rahmen eines Pilotprojektes am Landgericht Potsdam mit der vollintegrierten Sitzungssaaltechnik ausgestattet.

Die Sitzungssaalausstattung wird mit Mitteln des Zukunftsinvestitionsfonds finanziert, aus dem bis 2025 insgesamt 6,8 Mio. Euro zur Verfügung stehen. Darüber hinaus werden die Gerichtssäle mit einem kostenfreien WLAN ausgestattet, um vor allem professionellen Verfahrensbeteiligten, wie Rechtsanwälten und Sachverständigen, den Zugriff auf ihre digitalen Akten und elektronischen Dokumente während der Verhandlung zu ermöglichen. Die Auftragsvergabe kann voraussichtlich noch im September 2024 erfolgen, die vollständige Inbetriebnahme aller WLAN-Standorte wird bis spätestens 31. Dezember 2025 angestrebt.

Einheitliches Fachverfahren in den Fachgerichtsbarkeiten

Eine weitere wichtige Grundsatzentscheidung im Bereich der Digitalisierung wurde in dieser Legislatur mit der Festlegung von EUREKA-Fach.NET als einheitliches Fachverfahren für alle Fachgerichte getroffen. EUREKA-Fach.NET verfügt bereits über die notwendigen Schnittstellen zum E-Akten-System. Die Verwaltungsgerichte, das Finanzgericht Berlin-Brandenburg wie auch die Sozialgerichtsbarkeit des Landes Brandenburg arbeiten inzwischen nach erfolgreicher Umstellung mit EUREKA-Fach.NET. Seit Juli 2024 arbeitet das Arbeitsgericht Brandenburg an der Havel vollständig mit EUREKA-Fach.NET, wodurch erstmals zusätzlich zur passiven auch eine aktive Teilnahme am elektronischen Rechtsverkehr ermöglicht wird. Voraussichtlich ab November 2024 werden alle Fachgerichte des Landes mit dem einheitlichen Fachverfahren arbeiten. Dadurch ergeben sich erhebliche Synergieeffekte bei der technischen und fachlichen Betreuung.

Gründung des Länderverbundes EL.NORM

Aufgrund des wachsenden Interesses anderer Bundesländer hat sich Brandenburg entschlossen, einen Länderverbund EL.NORM zu gründen, um Entwicklung und Pflege des in Brandenburg schon seit 2009 eingesetzten Systems zur elektronischen Normverkündung gemeinschaftlich voranzutreiben. In einem ersten Schritt haben sich die Länder Brandenburg und Hessen zu einem länderoffenen Entwicklungs- und Pflegeverbund EL.NORM zusammengeschlossen. Der Entwurf einer entsprechenden Verwaltungsvereinbarung ist Anfang Dezember 2023 vom Kabinett gebilligt und inzwischen von beiden Ländern gezeichnet worden. Durch die Gründung des Länderverbundes wird eine effizientere Verteilung der Entwicklungskosten und eine Bündelung von Fachwissen ermöglicht. Brandenburg wird mit seinem Wissensvorsprung in der digitalen Normverkündung das Verbundmanagement übernehmen. Mit Rheinland-Pfalz, Sachsen und Sachsen-Anhalt haben bereits drei Länder ein konkretes Interesse an dem Beitritt zum Länderverbund signalisiert.

Einsatz von KI

Die Justiz sieht sich zunehmend mit massenhaft auf gleichen oder ähnlich gelagerten Sachverhalten basierenden Verfahren konfrontiert, in denen von spezialisierten Prozessbevollmächtigten umfangreiche, inhaltlich aber lediglich auf Textbausteinen basierende Schriftsätze eingereicht werden. Beispielhaft dafür sind die Verfahren, die bei dem Amtsgericht Königs Wusterhausen im Bereich der Fluggastrechte anfallen. Um die Bearbeitung dieser Verfahren zu verbessern, soll eine KI-Anwendung eingesetzt werden. In enger Zusammenarbeit mit dem Amtsgericht Königs Wusterhausen soll die KI-Anwendung zunächst helfen, die vorhandene Rechtsprechung zu Fluggastrechten zu erschließen. So können identische Sachverhalte, die eine Vielzahl von Flughäfen und Flügen betreffen, identifiziert und das erforderliche Wissen an die bearbeitenden Richterinnen und Richter weitergegeben werden. Die Vergabe der erforderlichen Dienstleistungen wird noch im September 2024 erfolgen.